Wer Audio-Fachzeitschriften liest könnte schnell dem Eindruck erliegen, dass guter Klang Unsummen für Lautsprecher, Verstärker, Streamer und Kabel verschlingt. Das Urteil, ob die tausenden High-End-Geräte auf dem Markt gut klingen, fällen dabei oft die „Goldenen Ohren“ von Fachmagazinen. Das ist unbestritten relevant für eine (sehr) gehobene Marktnische, in der geschmackliche Tendenzen und Hörerfahrung größere Rollen spielen als absolute Qualität. In diesem Marktsegment spiegelt ein Produkt öfter nichts als die Vorstellungen ihrer Entwickler:innen wider, statt einer objektiven Bewertung entsprechen zu müssen – auch, wenn der offizielle Anspruch meist der „klanglicher Neutralität und Natürlichkeit“ ist.
Was aber mit all den Consumer-Geräten auf dem Massenmarkt, mit Lautsprechern in Laptops und Fernsehern, Beamern und Smartphones, mit Headsets und Konferenztelefonen? Da, wo Objektivität individuelle Präferenzen übertrumpft – einfach deshalb, weil individueller Geschmack keine große Kundenbasis ansprechen kann – und wo der Kostendruck sehr hohe Stückzahlen und eine effiziente Entwicklung und Produktion verlangt, sind breit angelegte Tests der Audioqualität von Produkten unabdingbar. Instrumentelle Messungen decken dabei klassischerweise nur gewisse Parameter ab: Verzerrungen und Rauschen, Frequenzgang, Wirkungsgrad und maximaler Schalldruck, eventuell noch die Kanaltrennung.
Doch Audioqualität meint eben nicht ausschließlich solche Standardparameter. Die menschliche Wahrnehmung spielt eine entscheidende Rolle dabei, Klang und Klangqualität zu beurteilen. Wie also kann es objektive Messungen geben, die der Realität der Hörer:innen entsprechen, wenn sie nicht den menschlichen Faktor einbeziehen?
Mit MDAQS aus dem Dilemma
Die meisten Menschen sind keine trainierten Hörer, die sich aktiv und bewusst mit Klang auseinandersetzen und die zum Beispiel auf die klanglichen Feinheiten von unterschiedlichen Leitermaterialien oder den Materialien eines Hi-Fi-Racks achten würden oder könnten. Eigenschaften wie „Feindynamik und Obertonreichtum in den oberen Mitten und dem Präsenzbereich“ sind für diese Gruppe keine bewusst relevanten Kriterien. Sie nehmen die Qualität eines Wiedergabesystems unbewusst, intuitiv wahr. Wir nennen diese Gruppe in unserer Entwicklung naive Hörer:innen, wobei sich „naiv“ selbstverständlich ausschließlich auf diesen Aspekt bezieht.
HEAD acoustics hat hunderte Stunden von aufwendigen Hörtests mit sorgfältig ausgewählten naiven Hörer:innen durchgeführt. Sie bewerteten eine große Vielfalt an Musikmaterial und ein breites Spektrum an unterschiedlichen Audiogeräten anhand einer Reihe von Parametern. Die Resultate der umfangreichen Hörtests dienen als Grundlage für das Training von MDAQS. In einem gründlichen Validierungsverfahren haben wir festgestellt, dass die Wahrnehmung der Klangqualität durch naive Hörer:innen in erster Linie von drei Qualitätsdimensionen abhängt:
- Klangfarbe. Darunter verstehen wir Auswirkungen des Frequenzgangs und zeitliche Präzision. Wie originalgetreu wirkt das Spektrum, wie natürlich wirkt die Tonalität der Wiedergabe? Und wie gut ist die zeitliche Präzision des Signals erhalten?
- Immersivität. Ein immersives Schallfeld „füllt“ den (virtuellen) Raum so realistisch wie möglich. Wie gut sind die virtuellen Klangquellen in einem kohärenten dreidimensionalen Raum um den Hörer herum definiert?
- Verzerrungen. Wie unbeeinflusst ist das Klangsignal von schädlichen Einflüssen elektronischer und elektroakustischer Komponenten, wie "sauber" klingt es?
Die gewichteten Bewertungen für diese Qualitätsdimensionen bestimmen die Gesamtklangqualität eines Geräts.
Wie arbeitet eine wahrnehmungsbasierte instrumentelle Bewertung?
MDAQS läuft direkt als Option in der Test-Software ACQUA, der leistungsfähigen Mess- und Analyse-Software für Sprach- und Audioqualität von HEAD acoustics. MDAQS verwendet binaurale Aufnahmen – die beste Entsprechung echter menschlicher Wahrnehmung und einer realistischen Akustik – als Input für die Analyse. Die binauralen Aufnahmen gelingen optimal mit unserer neuen Serie rauscharmer Kunstköpfe. In Verbindung mit der modularen Hardware labCORE sind sie ideal für die Schallaufnahme geeignet. labCORE arbeitet geräuschlos, da es keinen Lüfter besitzt und ist sehr kompakt. Das originalgetreu aufgezeichnete Schallsignal und die auf Basis umfangreicher Hörtests trainierten Metriken modellieren menschliche Wahrnehmung so gut, dass sie zeit- und kostenintensive Tests obsolet machen.
MDAQS verwendet aufwendig trainierte Metriken, um die menschliche Wahrnehmung zu modellieren, und ersetzt so die Bewertung der Audioqualität durch Testhörer im Entwicklungsprozess von Audiogeräten.
Klangfarben, Immersivität und Verzerrungsfreiheit sind die wichtigsten – und in der Praxis für die meisten Evaluierungen ausreichenden – Qualitätsdimensionen für die instrumentelle Bewertung durch MDAQS. Selbstverständlich ist MDAQS jedoch auch flexibel und lässt Verfeinerungen der Metriken durch weitere Parameter zu, denn schließlich sind die Anforderungen an Wiedergabegeräte so vielfältig wie unsere Welt. Zudem arbeiten wir kontinuierlich weiter an der Verbesserung der Metriken. Am Ende steht dabei in jedem Falle eine verlässliche, nachvollziehbare, aussagekräftige und vor allem reproduzier- und vergleichbare Bewertung der Über-alles-Audioqualität von Produkten jeglicher Art.
Das MDAQS-Modell hat sich in sorgfältig durchgeführten und detaillierten Verifikationsprüfungen mit menschlichen Hörern als präzises und zuverlässiges Mittel zur Qualitätskontrolle bereits im Entwicklungsstadium erwiesen: Zwischen metrischen und auditiven Ergebnissen gibt es eine eindeutige Korrelation.
Wem und wie hilft MDAQS?
Das Viererpack aus einem Kunstkopf wie dem HMS II.3, labCORE, MDAQS mit ACQUA kann bisherig eingesetzte Mess-Hard- und Softwarelösungen problemlos ersetzen. Der Mehrwert von MDAQS liegt dabei vor allem in seiner Vielseitigkeit und den innovativen Funktionen, die binaurale Methoden zur objektiven Bewertung der Audioqualität in einem schnellen, konsistenten und vergleichbaren Ansatz einsetzen. Diese Kombination von Features macht MDAQS einzigartig, denn kein anderes derzeit erhältliches System bietet solch komfortable, effiziente und realistische Möglichkeiten zur Bewertung der Audioqualität.
MDAQS ist ein Meilenstein in der wahrnehmungsbasierten Audioqualitätsbewertung. MDAQS beschleunigt den Entwicklungsprozess und ermöglicht es, in Audioqualitätsprüfungen zuverlässigere und aussagekräftigere Ergebnisse zu erzielen.